Mandantenrundschreiben Dezember 2018
Mandantenrundschreiben Dezember 2018
Alle Steuerzahler
Stromleitung ßber Privatgrundstßck: Entschädigung ist nicht zu versteuern
| Das Finanzgericht DĂźsseldorf hatte in 2016 Folgendes entschieden: Wird eine Einmalentschädigung fĂźr die Ăberspannung eines selbst bewohnten GrundstĂźcks mit einer Hochspannungsleitung gezahlt, handelt es sich um Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung. In der Revision hat der Bundesfinanzhof nun aber herausgestellt, dass die Entschädigung zu keinen steuerbaren EinkĂźnften nach dem Einkommensteuergesetz fĂźhrt. |
Sachverhalt |
Anlässlich der Planung einer Hochspannungsleitung, die genau Ăźber das selbst bewohnte HausgrundstĂźck des Steuerpflichtigen fĂźhren sollte, schloss dieser eine Vereinbarung, wonach die D-GmbH berechtigt war, das GrundstĂźck in Anspruch zu nehmen. HierfĂźr wurde dem Steuerpflichtigen, der sich zu der Bewilligung einer entsprechenden beschränkten persĂśnlichen Dienstbarkeit im Grundbuch verpflichtete, eine einmalige Entschädigung gewährt. Die steuerliche Beurteilung war alles andere als einheitlich: Das Finanzamt ging von EinkĂźnften aus sonstigen Leistungen nach § 22 Nr. 3 Einkommensteuergesetz aus, das Finanzgericht DĂźsseldorf stellte auf VermietungseinkĂźnfte ab â und der Steuerpflichtige argumentierte, dass er sich gegen den enteignungsgleichen Eingriff nicht wehren konnte. Es kĂśnne von keiner freiwilligen Leistung und keiner ausgewogenen Gegenleistung gesprochen werden. Die Entschädigung sei somit nicht steuerbar. |
Der Bundesfinanzhof schloss sich der Sichtweise des Steuerpflichtigen an. Fßr die Steuerbarkeit einer Entschädigungszahlung macht es keinen Unterschied, ob ein Steuerpflichtiger tatsächlich zwangsweise (teil-)enteignet wird oder ob er zur Abwendung seiner Enteignung auf der Grundlage einer einvernehmlichen Regelung eine beschränkt persÜnliche Dienstbarkeit bestellt. Steht nicht die (zeitlich begrenzte)Nutzungsßberlassung des Grundstßcks im Vordergrund, sondern die endgßltige Aufgabe eines eigenständig zu beurteilenden VermÜgenswerts, ist der Vorgang wie eine (nicht steuerbare) VermÜgensumschichtung zu behandeln.
MERKE | Der Streitfall unterscheidet sich insoweit von einer Entscheidung des Bundesfinanzhofs aus 1994, wo nur eine befristete Dienstbarkeit eingeräumt worden war. Hier zählte die Nutzungsentschädigung zu den Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung. |
Letztlich stellte der Bundesfinanzhof klar, dass auch keine EinkĂźnfte aus sonstigen Leistungen vorlagen. Denn von dieser Einkunftsart werden keine Vorgänge erfasst, die VeräuĂerungen oder veräuĂerungsähnliche Vorgänge im privaten Bereich darstellen.
Quelle | BFH-Urteil vom 2.7.2018, Az. IX R 31/16, unter www.iww.de, Abruf-Nr. 204859; BFH-Urteil vom 19.4.1994, Az. IX R 19/90
âEhe fĂźr alleâ: Gilt der Splittingtarif rĂźckwirkend bis 2001?
| In 2017 ist das EheĂśffnungsgesetz (âEhe fĂźr alleâ) in Kraft getreten. Es kĂśnnte Partnern einer eingetragenen Lebenspartnerschaft die MĂśglichkeit bieten, rĂźckwirkend ab 2001 die Zusammenveranlagung durchzusetzen. Ein Ehepaar hat vor dem Finanzgericht Hamburg zumindest einen Etappensieg errungen. Letztlich entscheiden wird aber der Bundesfinanzhof im Revisionsverfahren. |
Sachverhalt |
Die Steuerpflichtigen hatten in 2001 (nach Inkrafttreten des Lebenspartnerschaftsgesetzes am 1.8.2001) eine Lebenspartnerschaft begrĂźndet, die sie nach Inkrafttreten des EheĂśffnungsgesetzes im November 2017 in eine Ehe umwandelten. Nach der gesetzlichen Regelung ist der Tag der BegrĂźndung der Lebenspartnerschaft nach der Umwandlung in eine Ehe fĂźr die Rechte und Pflichten der Partner maĂgeblich. |
Weil die Zusammenveranlagung nach dem Splittingtarif oft zu einer geringeren Steuerlast fßhrt, beantragten die Steuerpflichtigen die fßr Eheleute vorgesehene Zusammenveranlagung nachträglich fßr alle Jahre seit Beginn ihrer Lebenspartnerschaft, also ab 2001. Dies lehnte das Finanzamt ab, weil beide Partner bis 2012 bereits mit bestandskräftigen Bescheiden jeweils einzeln zur Einkommensteuer veranlagt worden waren. Doch das sah das Finanzgericht Hamburg anders. |
Das Finanzgericht begrĂźndet seine Sichtweise wie folgt: Das EheĂśffnungsgesetz bestimmt, dass nach der Umwandlung der Lebenspartnerschaft in eine Ehe fĂźr die Rechte und Pflichten der Lebenspartner der Tag der BegrĂźndung der Lebenspartnerschaft maĂgebend ist. Nach der Umwandlung sind die Lebenspartner so zu stellen, als ob sie am Tag der BegrĂźndung der Lebenspartnerschaft geheiratet hätten.
Das Gesetz ist grundsätzlich geeignet, ein rĂźckwirkendes Ereignis darzustellen, das eine Ănderung der bestandskräftigen Steuerbescheide ab 2001 rechtfertigt.
Quelle | FG Hamburg, Urteil vom 31.7.2018, Az. 1 K 92/18, Rev. BFH Az. III R 57/18, unter www.iww.de, Abruf-Nr. 203117; FG Hamburg, PM vom 20.8.2018
Kinderbetreuung durch GroĂeltern: Fahrtkosten kĂśnnen Sonderausgaben sein
| Ersetzen die Eltern den GroĂeltern die Fahrtkosten fĂźr die Kinderbetreuung, dann kĂśnnen die Aufwendungen unter gewissen Voraussetzungen als Kinderbetreuungskosten abzugsfähig sein. Eine Entscheidung des Finanzgerichts NĂźrnberg zeigt, worauf geachtet werden sollte. |
Hintergrund: Steuerpflichtige kÜnnen Kinderbetreuungskosten als Sonderausgaben absetzen. Begßnstigt sind 2/3 der Aufwendungen (maximal 4.000 EUR pro Kind). Damit der Abzug gelingt, sind folgende Voraussetzungen zu beachten:
- Kosten fßr die Kinderbetreuung (nicht: Verpflegung, Unterricht),
- Kind gehÜrt zum Haushalt des Steuerpflichtigen,
- Kind hat das 14. Lebensjahr noch nicht vollendet (ohne Altersbeschränkung, wenn Behinderung â auĂerstande, sich selbst zu unterhalten â vor dem 25. bzw. 27. Lebensjahr eingetreten ist),
- Rechnung liegt vor (ggf. Alternativnachweis, z. B. Vertrag, zulässig),
- Zahlung auf ein Konto des Leistungserbringers (unbare Zahlung).
Sachverhalt |
Steuerpflichtige machten in ihrer Einkommensteuererklärung fĂźr 2015 u. a. Aufwendungen fĂźr Fahrten der GroĂeltern in HĂśhe von 11.800 EUR (0,30 EUR je gefahrenen Kilometer) als Kinderbetreuungskosten geltend. Die Fahrtkosten fĂźr die Betreuung der beiden Kinder betrafen die Jahre 2010 bis 2012 und waren in 2015 per Ăberweisung bezahlt worden. Ein Vertrag existierte nicht, nur ein handschriftlich verfasstes Schreiben aus 2007, in dem die GroĂeltern angeboten hatten, die Kinder âab und zuâ zu sich zu holen. |
Das Finanzamt berĂźcksichtigte die Fahrtkosten allerdings nicht. Und auch die hiergegen gerichtete Klage blieb vor dem Finanzgericht NĂźrnberg erfolglos. |
Grundsätzlich kÜnnen Dienstleistungen durch AngehÜrige abzugsfähige Kinderbetreuungsleistungen sein. Dies setzt aber voraus, dass die allgemeinen Anforderungen an die Anerkennung von Verträgen zwischen nahen AngehÜrigen erfßllt sind. Erforderlich ist daher, dass den Leistungen
- eine klare und eindeutige Vereinbarung zugrunde liegt,
- die zivilrechtlich wirksam zustande gekommen ist,
- inhaltlich dem zwischen fremden Dritten entspricht und
- tatsächlich so durchgefßhrt wird.
Beachten Sie | Es ist unschädlich, wenn die Betreuungspersonen die eigentlichen Betreuungsleistungen unentgeltlich erbracht haben und lediglich Vereinbarungen ßber den Ersatz der Fahrtkosten getroffen haben.
Im Streitfall kam das Finanzgericht zu dem Ergebnis, dass die Betreuung der Kinder einschlieĂlich der Erstattung von Fahrtaufwendungen im Wege bloĂer familiärer Hilfeleistung oder Gefälligkeit geregelt wurde â und nicht auf der Ebene rechtsgeschäftlicher Verbindlichkeit. Dies ergab sich vor allem daraus, dass die Erstattung erst in 2015 und damit viele Jahre nach der Entstehung der Aufwendungen erfolgte. Dies hätte ein fremder Dritter nicht akzeptiert.
Ferner wurde durch die handschriftliche Vereinbarung aus 2007 keine zivilrechtliche Verpflichtung zur Betreuungsleistung eingegangen. Denn nach der Vereinbarung hatten sich die GroĂeltern nur bereit erklärt, den Nachwuchs âab und zu, zu sich zu holen.â Hiermit wurde jedoch kein Anspruch fĂźr die Steuerpflichtigen auf Erbringung der Betreuungsdienstleistungen geschaffen.
Beachten Sie | In einem vom Finanzgericht Baden-WĂźrttemberg in 2012 entschiedenen Streitfall hatten die Steuerpflichtigen Vereinbarungen zur Kinderbetreuung abgeschlossen, wonach sich die GroĂmĂźtter verpflichteten, ihr Enkelkind an einem Tag pro Woche, erforderlichenfalls auch Ăśfter, unentgeltlich zu betreuen. Das Finanzgericht hielt es fĂźr ausreichend, wenn hinsichtlich der Betreuungszeiten eine bloĂe Rahmenvereinbarung abgeschlossen wird. Danach kĂśnnen die konkreten Betreuungszeiten der nächsten Woche z. B. an den Wochenenden abgestimmt werden.
Im vorliegenden Streitfall liegt jedoch, so das Finanzgericht NĂźrnberg, keine Rahmenvereinbarung vor. Mit der Formulierung âab und zu, zu uns holenâ wird kein Rahmen vorgegeben. Es fehlt an einer verlässlichen Regelung, die eine regelmäĂige Betreuung sicherstellt.
Quelle | FG Nßrnberg, Urteil vom 30.5.2018, Az. 3 K 1382/17, unter www.iww.de, Abruf-Nr. 205296; FG Baden-Wßrttemberg, Urteil vom 9.5.2012, Az. 4 K 3278/11
KV-Beiträge des Kindes: Neue Anforderungen beim Sonderausgabenabzug durch die Eltern
| Tragen Eltern aufgrund einer Unterhaltsverpflichtung die Basiskranken- und Pflegeversicherungsbeiträge ihres Kindes, kĂśnnen sie diese als eigene Beiträge als Sonderausgaben steuermindernd absetzen. Nach einer aktuellen Entscheidung des Bundesfinanzhofs setzt das allerdings voraus, dass die Eltern dem Kind die Beiträge tatsächlich gezahlt oder erstattet haben. Die Finanzverwaltung war hier bis dato groĂzĂźgiger. |
Sachverhalt |
Zunächst hatte das Kind (Berufsausbildung) die vom Arbeitgeber einbehaltenen Beiträge zur gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung in seiner Einkommensteuererklärung als Sonderausgaben geltend gemacht. Doch diese wirkten sich bei der Einkommensteuerfestsetzung nicht aus. Daraufhin machten die Eltern die Aufwendungen bei ihrer Einkommensteuererklärung mit der BegrĂźndung geltend, sie hätten ihrem Kind, das noch bei ihnen wohne, schlieĂlich Naturalunterhalt gewährt. Sowohl das Finanzamt als auch das Finanzgericht KĂśln lehnten den Sonderausgabenabzug der Eltern jedoch ab. Der Bundesfinanzhof bestätigte im Ergebnis das Urteil des Finanzgerichts. |
Der Bundesfinanzhof stellte zunächst Folgendes heraus: Die von den unterhaltsverpflichteten Eltern ansetzbaren eigenen Beiträge des Kindes umfassen grundsätzlich auch die vom Arbeitgeber im Rahmen einer Berufsausbildung einbehaltenen Basiskranken- und Pflegeversicherungsbeiträge. Die Beiträge mßssen dem Kind jedoch im Veranlagungszeitraum wegen einer bestehenden Unterhaltsverpflichtung tatsächlich bezahlt oder erstattet worden sein. Dass Naturalunterhalt geleistet wurde, reicht nicht aus.
Beachten Sie | Bislang forderte das Bundesfinanzministerium fßr den Sonderausgabenabzug, dass die Eltern den Aufwand wirtschaftlich getragen haben. Dabei kommt es nicht darauf an, ob die Basiskranken- und Pflegeversicherungsbeiträge in Form von Bar- oder Sachunterhaltsleistungen getragen wurden. Wie die Finanzverwaltung nun mit der anderslautenden Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs umgehen wird, bleibt vorerst abzuwarten.
Quelle | BFH-Urteil vom 13.3.2018, Az. X R 25/15, unter www.iww.de, Abruf-Nr. 204849; BMF-Schreiben vom 24.5.2017, Az. IV C 3 – S 2221/16/10001: 004, Rz. 81
Vermieter
VeräuĂerungskosten einer Privatimmobilie als Finanzierungskosten einer Mietimmobilie
| Nach einem Urteil des Finanzgerichts KÜln sind Aufwendungen, die fßr den Verkauf einer Immobilie, die nicht der Einkßnfteerzielung gedient hat, als Werbungskosten bei einer aus dem VerkaufserlÜs angeschafften und vermieteten Immobilie zu berßcksichtigen. Damit will sich das Finanzamt aber nicht zufriedengeben und hat Revision eingelegt, sodass nun der Bundesfinanzhof entscheiden muss. |
Sachverhalt |
Im Streitfall ging es um Rechtsanwalts- und Notarkosten, die bei einer zuvor gescheiterten VeräuĂerung eines privat genutzten Hauses mangels Solvenz der Käufer angefallen waren. Ferner waren Maklerkosten im Zusammenhang mit der danach geglĂźckten VeräuĂerung des gleichen Hauses entstanden. Die Steuerpflichtige verwendete den VerkaufserlĂśs fĂźr den Erwerb einer Mietimmobilie und machte die VeräuĂerungsnebenkosten als Werbungskosten geltend, was das Finanzamt aber ablehnte. Das Finanzgericht KĂśln hingegen nahm einen ausreichenden Veranlassungszusammenhang mit VermietungseinkĂźnften an, weil der VeräuĂerungserlĂśs weitestgehend zum Erwerb der Mietimmobilie eingesetzt wurde und berĂźcksichtigte die Aufwendungen anteilig als Werbungskosten. |
Das Finanzgericht KĂśln setzte sich dabei ausfĂźhrlich mit einer Entscheidung des Bundesfinanzhofs aus 2014 auseinander. Dort heiĂt es u. a.: âMaklerkosten kĂśnnen … â ausnahmsweise â zu den Finanzierungskosten eines anderen Objekts gehĂśren, wenn und soweit der … ErlĂśs von vornherein zur Finanzierung dieses Objekts bestimmt und auch tatsächlich verwendet worden ist.â
Nach Meinung des Finanzgerichts KĂśln gilt fĂźr die Rechtsanwalts- und Notarkosten im Wesentlichen das Gleiche wie fĂźr die Maklerkosten. Denn die Grundsätze des Urteils des Bundesfinanzhofs gelten Ăźber Maklerkosten hinaus fĂźr alle Aufwendungen, die wegen des Zusammenhangs mit der VeräuĂerung eines GrundstĂźcks und der Verwendung des VeräuĂerungserlĂśses zu den Finanzierungskosten eines vermieteten GrundstĂźcks gehĂśren.
Allerdings weist das Finanzgericht auch auf eine Passage in dem Urteil des Bundesfinanzhofs hin, die im Streitfall nicht erfĂźllt ist: âDies setzt aber voraus, dass … der Steuerpflichtige bereits bei der VeräuĂerung â z. B. im Kaufvertrag … â im Vorhinein so unwiderruflich Ăźber den verbleibenden Restkaufpreis verfĂźgt, dass er ihn unmittelbar in seiner Verwendung zum Erzielen von EinkĂźnften aus Vermietung und Verpachtung mit einem bestimmten Objekt festlegt.â
Aber selbst wenn, so das Finanzgericht, sich die Steuerpflichtige im aktuellen Streitfall in der Verwendung des Kaufpreises nicht unwiderruflich gebunden hat, hat sie in der Folge trotzdem nicht anders gehandelt, als wenn eine entsprechende Verpflichtung bestanden hätte.
PRAXISTIPP | Die Rechtsfrage dĂźrfte fĂźr die Praxis äuĂerst interessant sein, da vergleichbare Konstellationen häufiger vorkommen. Man darf gespannt sein, wie sich der Bundesfinanzhof hier positionieren wird. Bis zum Abschluss des Revisionsverfahrens sollten derartige Aufwendungen unter Hinweis auf den Besprechungsfall als Werbungskosten geltend gemacht werden. Da mit Widerstand der Finanzämter zu rechnen ist, sollte im Anschluss (unter Hinweis auf das anhängige Verfahren) Einspruch eingelegt und das Ruhen des Verfahrens beantragt werden. |
Quelle | FG KÜln, Urteil vom 21.3.2018, Az. 3 K 2364/15, Rev. BFH Az. IX R 22/18, unter www.iww.de, Abruf-Nr. 205297; BFH-Urteil vom 11.2.2014, Az. IX R 22/13
Freiberufler und Gewerbetreibende
Hinzuschätzungen: Ein Umsatzsteuerheft allein erfßllt die Aufzeichnungspflichten nicht
| FĂźhrt ein Steuerpflichtiger ausschlieĂlich ein Umsatzsteuerheft, in dem er die TageserlĂśse in einer Summe einträgt, ohne weitere Ursprungsaufzeichnungen, Kassenberichte oder Ăhnliches zu fĂźhren, erfĂźllt er nicht die Anforderungen an die Aufzeichnungspflichten der Einnahmen-Ăberschussrechnung. Nach einem Beschluss des Finanzgerichts Hamburg ist das Finanzamt in solchen Fällen berechtigt, die erklärten Umsätze um einen Sicherheitszuschlag zu erhĂśhen. |
Hintergrund: Ein Unternehmer, der ohne gewerbliche Niederlassung oder auĂerhalb einer solchen von Haus zu Haus oder auf Ăśffentlichen StraĂen oder an anderen Ăśffentlichen Orten Umsätze ausfĂźhrt oder Gegenstände erwirbt, hat ein Umsatzsteuerheft nach amtlich vorgeschriebenem Vordruck zu fĂźhren. So steht es in § 22 Abs. 5 Umsatzsteuergesetz.
Sachverhalt |
Ein Steuerpflichtiger betrieb einen gewerblichen Handel mit Lebensmitteln auf Wochenmärkten und ermittelte seinen Gewinn durch Einnahmen-Ăberschussrechnung. Ein Kassenbuch Ăźber seine täglichen Bareinnahmen fĂźhrte er ebenso wenig wie Kassenberichte oder ähnliche Aufzeichnungen. Er fĂźhrte nur Umsatzsteuerhefte, in denen er unter dem jeweiligen Tagesdatum den Tagesumsatz in einer Summe notierte. Nach einer AuĂenprĂźfung erhĂśhte das Finanzamt die Umsätze um einen Sicherheitszuschlag â und zwar zu Recht, wie das Finanzgericht Hamburg nun entschied. |
Die formellen Mängel sind so erheblich, dass sie allein eine Schätzungsbefugnis begrßnden. Zwar ist der Steuerpflichtige als Händler auf Wochenmärkten, der vorwiegend Barumsätze von geringem Wert mit einer Vielzahl unbestimmter Personen erzielt, nicht zur Aufzeichnung eines jeden einzelnen Umsatzes verpflichtet. Auch konnte er fßr Umsatzsteuerzwecke seine Barumsätze täglich nur in einer Summe erfassen und diese in das Umsatzsteuerheft ßbertragen.
Wie die Tagessummen jedoch zustande gekommen sind, war den Unterlagen des Steuerpflichtigen nicht zu entnehmen. Da er keine weiteren Ursprungsaufzeichnungen gefĂźhrt hat, hätte er die Tageseinnahmen durch tägliches tatsächliches Auszählen ermitteln und dies in einem Kassenbericht dokumentieren mĂźssen. Da das nicht erfolgte, sind die Aufzeichnungen bezĂźglich der ErlĂśse formell nicht ordnungsgemäĂ.
Quelle | FG Hamburg, Beschluss vom 29.6.2018, Az. 2 V 290/17, unter www.iww.de, Abruf-Nr. 205213
Gesellschafter und Geschäftsfßhrer von Kapitalgesellschaften
Nach Insolvenzreife getätigte rechtswidrige Zahlungen: D&O-Versicherung greift nicht
| In einem Verfahren des Oberlandesgerichts DĂźsseldorf ging es kĂźrzlich um den Umfang des Versicherungsschutzes einer D&O-Versicherung (= VermĂśgensschaden-Haftpflichtversicherung fĂźr Unternehmensleitungen und leitende Angestellte), wenn der GeschäftsfĂźhrer einer GmbH fĂźr Zahlungen nach Zahlungsunfähigkeit oder Ăberschuldung der Gesellschaft in die Haftung genommen wird (§ 64 GmbH-Gesetz). |
Hintergrund: Nach § 64 GmbH-Gesetz sind GeschäftsfĂźhrer der Gesellschaft zum Ersatz von Zahlungen verpflichtet, die nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft oder nach Feststellung ihrer Ăberschuldung geleistet werden. Haftungsvoraussetzung ist, dass der GeschäftsfĂźhrer mindestens fahrlässig gehandelt hat. MaĂstab ist dabei die Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmanns.
Vereinfachter Sachverhalt |
Die GeschäftsfĂźhrerin einer GmbH war vom Insolvenzverwalter der Gesellschaft erfolgreich in Anspruch genommen worden, da die GmbH nach Eintritt der Insolvenzreife noch Ăberweisungen getätigt hatte. Die GeschäftsfĂźhrerin hatte von der Versicherung die Freistellung verlangt â jedoch ohne Erfolg. |
Nach der Entscheidung des Oberlandesgerichts DĂźsseldorf ist der Haftungsanspruch gemäà § 64 GmbH-Gesetz nicht mit dem versicherten Anspruch auf Schadenersatz wegen eines VermĂśgensschadens vergleichbar. Bei § 64 GmbH-Gesetz handelt es sich nicht um einen Deliktstatbestand, sondern um eine eigenständige Anspruchsgrundlage bzw. um einen âErsatzanspruch eigener Artâ, der allein dem Interesse der Gläubigergesamtheit eines insolventen Unternehmens dient.
Quelle | OLG Dßsseldorf, Urteil vom 20.7.2018, Az. 4 U 93/16, unter www.iww.de, Abruf-Nr. 204629; OLG Dßsseldorf, PM 18/2018 vom 20.7.2018
Umsatzsteuerzahler
Umsatzsteuersatz in Bäckereifilialen: Es kommt auf die Sitzgelegenheiten an
| Beim Finanzgericht Mßnster ist ein Verfahren anhängig, das den Verkauf von Backwaren und anderen Lebensmitteln zum Verzehr an Ort und Stelle von Bäckereifilialen betrifft. Hierbei kann es sich sowohl um Fachgeschäfte (Bäckerei mit eigenem Cafe) als auch um Filialen im Vorkassenbereich von Supermärkten handeln. Die Oberfinanzdirektion Nordrhein-Westfalen hat ihre Finanzämter nun angewiesen, wie derartige Umsätze umsatzsteuerrechtlich zu behandeln sind. |
Die Lieferung von Speisen zum Verzehr an Ort und Stelle unterliegt dem Regelsteuersatz von 19 %, wenn die vorhandenen Sitzgelegenheiten
- im Eigentum der Bäckerei stehen,
- angemietet wurden oder
- zumindest deren Mitnutzung ausdrĂźcklich vereinbart wurde.
KĂśnnen die Sitzgelegenheiten nicht der Bäckerei zugerechnet werden oder sind keine Sitzgelegenheiten vorhanden, ist der ermäĂigte Umsatzsteuersatz anzuwenden.
Quelle | OFD Nordrhein-Westfalen, Kurzinfo USt 3/18 vom 26.4.2018; beim FG Mßnster anhängig: Az. 15 K 2553/16 U
Zeitliche Zuordnung von Umsatzsteuer-Vorauszahlungen
| Wird eine Umsatzsteuer-Vorauszahlung innerhalb von 10 Tagen nach Ablauf des Kalenderjahrs gezahlt, ist sie auch dann im Jahr ihrer wirtschaftlichen ZugehÜrigkeit abziehbar, wenn der 10.1. des Folgejahrs auf einen Samstag oder Sonntag fällt. Damit widerspricht der Bundesfinanzhof der Finanzverwaltung. |
Hintergrund: Bei der Einnahmen-Ăberschussrechnung sind Ausgaben grundsätzlich in dem Jahr anzusetzen, in dem sie geleistet wurden. Davon abweichend gelten regelmäĂig wiederkehrende Ausgaben, die bei dem Steuerpflichtigen kurze Zeit vor Beginn oder kurze Zeit nach Beendigung des Jahres, zu dem sie wirtschaftlich gehĂśren, abgeflossen sind, als in diesem Jahr geleistet. Als kurze Zeit gilt ein Zeitraum von bis zu 10 Tagen.
Sachverhalt |
Das Finanzamt akzeptierte die Umsatzsteuer-Vorauszahlung fĂźr Dezember 2014, die am 8.1.15 geleistet wurde, nicht als Betriebsausgabe des Jahres 2014. Die Vorauszahlung sei wegen § 108 Abs. 3 Abgabenordnung (AO) nicht am Samstag (10.1.15), sondern am Montag und damit auĂerhalb des 10-Tages-Zeitraums fällig geworden. Der Bundesfinanzhof sah das anders. |
Selbst wenn die Vorauszahlung innerhalb des 10-Tages-Zeitraums fällig sein muss (was der Bundesfinanzhof offenlieĂ), ist dies im Streitfall erfĂźllt. Denn bei der Ermittlung der Fälligkeit ist allein auf die Frist des § 18 Abs. 1 S. 4 Umsatzsteuergesetz abzustellen. Die Verlängerung der Frist nach der AO gilt hier nicht, da es sich bei regelmäĂig wiederkehrenden Ausgaben um keine Frist, sondern um eine Abflussfiktion handelt.
Zudem, so der Bundesfinanzhof, ist zu berĂźcksichtigen, dass Zweck des § 108 Abs. 3 AO die Wahrung der Sonn-/Feiertagsruhe und die BerĂźcksichtigung der in Wirtschaft und Ăśffentlicher Verwaltung Ăźblichen FĂźnftagewoche ist. Die Vorschrift will daher zugunsten des Steuerpflichtigen wirken, nicht aber verhindern, dass die Regelung zu regelmäĂig wiederkehrenden Ausgaben in bestimmten Jahren wegen einer kalendarischen Konstellation zur Anwendung kommen kann.
Quelle | BFH-Urteil vom 27.6.2018, Az. X R 44/16, unter www.iww.de, Abruf-Nr. 205117; BFH, PM vom 24.10.2018
Korrektur eines unrichtigen Steuerausweises nur bei DifferenzrĂźckzahlung an Kunden
| Wer einen hÜheren als den gesetzlich geschuldeten Umsatzsteuer-Betrag in der Rechnung ausweist, schuldet auch den ßberhÜhten Betrag. Allerdings erlaubt § 14c Abs. 1 S. 2 Umsatzsteuergesetz die Korrektur des ßberhÜhten Umsatzsteuerausweises per Rechnungsberichtigung. Der Bundesfinanzhof hat nun aber entschieden, dass eine Umsatzsteuer-Korrektur beim Finanzamt grundsätzlich nur mÜglich ist, wenn der Leistende dem Leistungsempfänger zuvor den Differenzbetrag erstattet hat. |
Nach Meinung des Bundesfinanzhofs ergibt es sich aus dem Systemzusammenhang, dass eine RĂźckerstattung des Finanzamtes erst nach vorheriger RĂźckzahlung des Umsatzsteuer-Differenzbetrags an den Leistungsempfänger erfolgen kann. Der Bundesfinanzhof begrĂźndet seine Entscheidung u. a. damit, dass der Leistende nach Erhalt der Umsatzsteuer-RĂźckerstattung des Finanzamtes â ohne RĂźckzahlungsverpflichtung â ungerechtfertigt bereichert wäre.
Quelle | BFH-Urteil vom 16.5.2018, Az. XI R 28/16, unter www.iww.de, Abruf-Nr. 202641
Arbeitnehmer
Lohnsteuer-ErmäĂigung 2019: Anträge ab sofort mĂśglich
| Arbeitnehmer kĂśnnen ihr monatliches Nettoeinkommen selbst beeinflussen und mĂźssen nicht bis zur Abgabe der Einkommensteuererklärung warten. Mit dem Vordruck âAntrag auf Lohnsteuer-ErmäĂigung 2019â kĂśnnen sie die BerĂźcksichtigung ihrer individuellen Verhältnisse bereits beim Lohnsteuerabzug durch einen Freibetrag, der wahlweise fĂźr ein oder zwei Jahre GĂźltigkeit hat, beantragen. Dies ist seit dem 1.10.2018 mĂśglich. |
Ehegatten und Lebenspartner kĂśnnen zudem zwischen den Steuerklassen III/V, IV/IV oder IV/IV mit Faktor wählen. Das Faktorverfahren kann beim Wohnsitzfinanzamt mit dem Vordruck âAntrag auf Steuerklassenwechsel bei Ehegatten/Lebenspartnernâ beantragt werden, wobei der gebildete Faktor erstmals ab dem Veranlagungszeitraum 2019 eine GĂźltigkeit von zwei Jahren hat.
Quelle |Â OFD Karlsruhe, PM Nr. 5/2018 vom 1.10.2018
Finanzverwaltung verĂśffentlicht die Umzugskostenpauschalen fĂźr 2018 bis 2020
| Grundsätzlich gehÜren Umzugskosten zu den nicht abzugsfähigen Kosten der privaten Lebensfßhrung. Ist der Umzug aber beruflich veranlasst, kÜnnen Umzugskosten als Werbungskosten geltend gemacht werden. Fßr sonstige Umzugskosten (z. B. Trinkgelder an das Umzugspersonal) sowie fßr umzugsbedingte Unterrichtskosten gewährt die Finanzverwaltung Pauschalen. Aktuell hat das Bundesfinanzministerium die Pauschalen fßr Umzßge in den Jahren 2018 bis 2020 verÜffentlicht. |
Berufliche Veranlassung
Nach Ansicht der Verwaltung ist ein Umzug beispielsweise in folgenden Fällen beruflich veranlasst:
- Durch den Umzug verkßrzt sich die Entfernung zwischen Wohnung und Arbeitsstätte erheblich.
- Der Umzug wird im ßberwiegenden betrieblichen Interesse des Arbeitgebers durchgefßhrt (z. B. der Ein- oder Auszug in eine Dienstwohnung).
- Der Umzug erfolgt aufgrund der erstmaligen Aufnahme einer beruflichen Tätigkeit, eines Arbeitsplatzwechsels oder einer Versetzung.
Umzugspauschalen
FĂźr die Frage, welche der folgenden Pauschalen anzuwenden sind, ist das Datum maĂgebend, an dem der Umzug beendet wurde:
Umzugsbedingte Unterrichtskosten (in EUR) |
ab 1.3.2018 = 1.984 ab 1.4.2019 = 2.045 ab 1.3.2020 = 2.066 |
Sonstige Umzugskosten (in EUR) |
|||
ab |
|||
1.3.2018 |
1.4.2019 |
1.3.2020 |
|
Verheiratete |
1.573 |
1.622 |
1.639 |
Ledige |
787 |
811 |
820 |
Zuschlag fĂźr weitere Personen im Haushalt (nicht Ehegatten) |
347 |
357 |
361 |
Die Pauschalen erhĂśhen sich um 50 %, wenn ein Arbeitnehmer innerhalb von fĂźnf Jahren das zweite Mal aus beruflichen GrĂźnden umzieht. |
Anstelle der Pauschalen kÜnnen auch die im Einzelfall nachgewiesenen hÜheren Aufwendungen als Werbungskosten abgezogen werden.
Quelle | BMF-Schreiben vom 21.9.2018, Az. IV C 5 – S 2353/16/10005, unter www.iww.de, Abruf-Nr. 204623
AbschlieĂende Hinweise
Steuern und Beiträge Sozialversicherung: Fälligkeitstermine in 12/2018
| Im Monat Dezember 2018 sollten Sie insbesondere folgende Fälligkeitstermine beachten: |
Steuertermine (Fälligkeit):
- Umsatzsteuer (Monatszahler): 10.12.2018
- Lohnsteuer (Monatszahler): 10.12.2018
- Einkommensteuer (vierteljährlich): 10.12.2018
- Kirchensteuer (vierteljährlich): 10.12.2018
- KÜrperschaftsteuer (vierteljährlich): 10.12.2018
Bei einer Scheckzahlung muss der Scheck dem Finanzamt spätestens drei Tage vor dem Fälligkeitstermin vorliegen.
Beachten Sie | Die fĂźr alle Steuern geltende dreitägige Zahlungsschonfrist bei einer verspäteten Zahlung durch Ăberweisung endet am 13.12.2018. Es wird an dieser Stelle nochmals darauf hingewiesen, dass diese Zahlungsschonfrist ausdrĂźcklich nicht fĂźr Zahlung per Scheck gilt.
Beiträge Sozialversicherung (Fälligkeit):
Sozialversicherungsbeiträge sind spätestens am drittletzten Bankarbeitstag des laufenden Monats fällig, fßr den Beitragsmonat Dezember 2018 am 21.12.2018.
Verzugszinsen
| Fßr die Berechnung der Verzugszinsen ist seit dem 1.1.2002 der Basiszinssatz nach § 247 BGB anzuwenden. Die HÜhe wird jeweils zum 1.1. und 1.7. eines Jahres neu bestimmt. |
Der Basiszinssatz fßr die Zeit vom 1.7.2018 bis zum 31.12.2018 beträgt -0,88 Prozent.
Damit ergeben sich folgende Verzugszinsen:
- fßr Verbraucher (§ 288 Abs. 1 BGB): 4,12 Prozent
- fßr den unternehmerischen Geschäftsverkehr (§ 288 Abs. 2 BGB): 8,12 Prozent*
* fßr Schuldverhältnisse, die vor dem 29.7.2014 entstanden sind: 7,12 Prozent.
Die fßr die Berechnung der Verzugszinsen anzuwendenden Basiszinssätze betrugen in der Vergangenheit:
Berechnung der Verzugszinsen |
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Zeitraum |
Zins |
vom 1.1.2018 bis 30.6.2018 |
-0,88 Prozent |
vom 1.7.2017 bis 31.12.2017 |
-0,88 Prozent |
vom 1.1.2017 bis 30.6.2017 |
-0,88 Prozent |
vom 1.7.2016 bis 31.12.2016 |
-0,88 Prozent |
vom 1.1.2016 bis 30.6.2016 |
-0,83 Prozent |
vom 1.7.2015 bis 31.12.2015 |
-0,83 Prozent |
vom 1.1.2015 bis 30.6.2015 |
-0,83 Prozent |
vom 1.7.2014 bis 31.12.2014 |
-0,73 Prozent |
vom 1.1.2014 bis 30.6.2014 |
-0,63 Prozent |
vom 1.7.2013 bis 31.12.2013 |
-0,38 Prozent |
vom 1.1.2013 bis 30.6.2013 |
-0,13 Prozent |
vom 1.7.2012 bis 31.12.2012 |
0,12 Prozent |